Das neue Firmament
Als größte Verheißung wird
momentan allenthalben das Ausmaß menschlicher Reichweite beschrieben. Vom
Naturphänomen bis in die letzten Winkel unseres Daseins erachten wir alles als
von Menschen beherrschbar, auf das nichts sich mehr ereigne oder existiere, was
nicht so von uns beschlossen wurde – bis hin in unsere eigene „Geschlechtlichkeit“.
Es ist dieses letztlich ein zutiefst religiöser Blick, indem der Mensch sich
endlich als der ihm innewohnende Gott verwirklicht sieht.
In allen Kulturen wurde
versucht die Sterne zu lesen, um damit Gegenwart und eigenes Schicksal zu
verstehen, aber auch in der vagen Hoffnung, vielleicht etwas über die Zukunft
zu erfahren, vielleicht sogar eingreifen zu können. Heute ist Astrologie
ersetzt durch Datenlage und Algorithmus. Egal ob Klimawandel,
Pandemiegeschehen, unsere Fahrt zum nächsten Ziel oder gar die Partnersuche,
Daten und Berechnungen bestimmen unser Handeln.
So findet totalitäre
Technologie ihr Programm, so soll sie die letzten Mauern des Zufalls
niederreißen, sobald die Algorithmen endgültig den Himmelskörper Erde und alle
seine Bewohner vollständig vermessen haben.
Waren die Epochen der
Astrologie noch geprägt vom gleichzeitigen Zweifel, so wird aktuell versucht, alle
Zweifler mit dem Hinweis auf die Unumstößlichkeit der Daten in die Schranken zu
weisen. Menschliches Dasein war immer beeinflusst vom staunenden Blick in das
Firmament und so ist das Vokabular bewusst gewählt, der Mensch soll der „cloud“
Respekt zollen und nicht zweifeln.
Wirkliches Naturverständnis
und menschliche Demut finden damit keinen Platz in einer Zeit, in der doch so
viele über das Klima sprechen – es ist an der Zeit, wieder mehr in den Himmel
zu schauen, wieder staunen über die wirklichen Wolken, denn sie sind so
viel mehr als 0 und 1