Mittwoch, 28. Juli 2021

Das neue Firmament

Als größte Verheißung wird momentan allenthalben das Ausmaß menschlicher Reichweite beschrieben. Vom Naturphänomen bis in die letzten Winkel unseres Daseins erachten wir alles als von Menschen beherrschbar, auf das nichts sich mehr ereigne oder existiere, was nicht so von uns beschlossen wurde – bis hin in unsere eigene „Geschlechtlichkeit“. Es ist dieses letztlich ein zutiefst religiöser Blick, indem der Mensch sich endlich als der ihm innewohnende Gott verwirklicht sieht.

In allen Kulturen wurde versucht die Sterne zu lesen, um damit Gegenwart und eigenes Schicksal zu verstehen, aber auch in der vagen Hoffnung, vielleicht etwas über die Zukunft zu erfahren, vielleicht sogar eingreifen zu können. Heute ist Astrologie ersetzt durch Datenlage und Algorithmus. Egal ob Klimawandel, Pandemiegeschehen, unsere Fahrt zum nächsten Ziel oder gar die Partnersuche, Daten und Berechnungen bestimmen unser Handeln.

So findet totalitäre Technologie ihr Programm, so soll sie die letzten Mauern des Zufalls niederreißen, sobald die Algorithmen endgültig den Himmelskörper Erde und alle seine Bewohner vollständig vermessen haben.

Waren die Epochen der Astrologie noch geprägt vom gleichzeitigen Zweifel, so wird aktuell versucht, alle Zweifler mit dem Hinweis auf die Unumstößlichkeit der Daten in die Schranken zu weisen. Menschliches Dasein war immer beeinflusst vom staunenden Blick in das Firmament und so ist das Vokabular bewusst gewählt, der Mensch soll der „cloud“ Respekt zollen und nicht zweifeln.

Wirkliches Naturverständnis und menschliche Demut finden damit keinen Platz in einer Zeit, in der doch so viele über das Klima sprechen – es ist an der Zeit, wieder mehr in den Himmel zu schauen, wieder staunen über die wirklichen Wolken, denn sie sind so viel mehr als 0 und  1

Festplatten auf Kunstrasen oder das neue Firmament  (copyright D. Rapp)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.