Feng Shui
konkret – Vernetzung und Diskurs - Teil 1
Das Projekt
Feng Shui mediterraneo arbeitet in Deutschland und Spanien. Bereits in diesem
europäischen Kontext wird deutlich, dass soziokulturelles Verständnis
unterschiedlicher Kulturen wichtig ist, um zu übersetzen, zu kommunizieren –
ein kleines Beispiel:
Im deutschen
Sprachraum gibt es den Begriff des „Strohwitwers“. Er beschreibt die Situation
einer im klassischen Rollenverhältnis lebenden Familie, in einer Situation, in
der die Frau mit den Kindern das Haus verlassen hat, eventuell auf Reisen ist
und der Mann sich alleine im Haushalt zurecht finden muss. In Spanien wird die
gleiche Situation mit dem Namen „Rodriguez“ beschrieben, begründet in
madrilenischen Lebensumständen, in denen Frau und Kinder im Sommer an das Meer
gefahren sind und der Mann in der Hitze der Stadt weiter arbeiten musste.
Zwei - in der
nur wörtlichen Übersetzung - unverständliche Begriffe beschreiben also die
gleiche Situation, eine soziokulturelle Ähnlichkeit wird erkennbar. Deutlich
komplizierter wird das Verständnis von Literatur natürlich in der Begegnung mit
einer ganz anderen Kultur:
"Strohwitwer" heute - auch Männer können Nudeln
Chinesisch/ deutsche Wort für Wort Übersetzung
填房
das Zimmer füllen
入贅
Hereinkommen,
unerwünscht, separat
月事
Mond, monatliche
Sachlichkeit
流浪
fließende Welle
月旦
Mond, Geburtsmonat,
Dämmerung
Ohne Kenntnis
des soziokulturellen Hintergrundes ist eine sinnvolle, bzw. sinnerklärende
Übersetzung nicht möglich
捲簾填房與入贅
Ein der chinesischen
Schriftsprache kundiger, jedoch soziokulturell ungeschulter Übersetzer könnte
wie folgt übersetzen (Fundstück): Die Leinwände sind aufgerollt, die Tochter
wird eine Konkubine und der Sohn wird mit den Verwandten seiner Frau leben.
Tatsächlich
beschrieben wird mit 填房 die zweite Heirat eines verwitweten
Mannes, das zweite Bett im Schlafzimmer wird also wieder belebt, „gefüllt“, die
Frau ist keine Konkubine, sondern nur eben nicht die erste Frau. Der Satzteil
入贅 beschreibt
einen Mann aus ärmeren Verhältnissen, der in das Haus seiner aus wohlhabenden
Verhältnissen stammenden Frau zieht, eine chinesische Tradition, allerdings nur
dann, wenn die Familie keinen eigenen Sohn hatte.