Sprachschöpfungen
sind immer auch Ausdruck gesellschaftlicher Verfassung. So sind denn die
Begriffe „Naturschutz“ und erst recht gar „Anthropozän“ Beschreibung eines
menschlichen Irrweges, der unser Leben begleitet, seit sich in der ersten
Hälfte des vergangenen Jahrhunderts Technikgläubigkeit in vielen Teilen der
Welt durchgesetzt hat, eine Technikgläubigkeit, welche die bis dahin anerkannte
Überlegenheit der Natur ersetzen will – und diese Sprachschöpfungen entfalten
ihre suggestive Kraft auf uns.
Egal, ob menschliches
Denken und Handeln geprägt wurde durch antike Götterwelten, monotheistische
Religionen oder asiatisches Bewusstsein, so war doch während der gesamten
Menschheitsgeschichte die Natur im konkreten Leben immer als die eigentliche
und überlegene Kraft anerkannt. Erst in jüngster Zeit ist die Idee entstanden,
wir könnten die Natur verändern, eine Idee, die den Menschen als zumindest
bestimmenden, wenn nicht gar überlegenen Akteur versteht und diese Idee wird
typischerweise nicht von allen Menschen dieser Erde geteilt, ist wohl vorrangig
eine Idee der sogenannten „Industrieländer“, basierend auf abendländischer Wissenschaftstradition.
Sind also
die beobachteten Veränderungen in unserer natürlichen Umgebung tatsächlich
verknüpft mit menschlichem Handeln, sollten wir diese Veränderungen vielleicht
besser verstehen als gelassene Reaktion dieser Kraft, die wir Natur nennen,
eine Reaktion, die im Ergebnis möglicherweise das Hinfortwischen der temporären
Erscheinung namens „Mensch“ zur Folge hat – denn das ist ja das eigentliche
Naturerlebnis, das uns Überdauernde von Meeren oder Bergen oder Wüsten, in
einem Rhythmus und in Dimensionen von Veränderung, die unser Erfassen weit
übersteigen.
Noch vor genau
hundert Jahren schrieb der Architekt Bruno Taut „…Die Berge rufen uns ihre
Aufforderung zu. Der Erdboden wird fruchtbare Gewährerin, alle elementare
Materie lebt, und was wir bauen, ist nur die Gewährerin ihres Geheißes…“ – dann
kam der Paradigmenwechsel und diese Demut wurde vollständig ersetzt durch den
Glauben an die technische Lösung.
So ist
auch der aktuell gerne genutzte Begriff Anthropozän,
als Benennung einer neuen geochronologischen Epoche, nämlich des Zeitalters, in
dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen,
geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist, nichts anderes
als epochentypischer Ausdruck menschlicher Selbstüberschätzung, ein Denken,
welches beispielsweise den tibetischen Mönch ausklammert, in dem sich aber naturignorante politische Führer und abendländische Artenschützer auf gar merkwürdige Weise zusammenfinden.
Das
Predigen der technischen Lösung ist systemimmanenter Teil des auf Wachstum basierenden
ökonomischen Systems, welches nur einigen Wenigen dient. Sich gar zu sehr
ausbreitende Populationen haben sich am Ende aber immer selbst vernichtet, auch
das eine dieser Spielregeln der Natur.
Verstehen
wir also „Umwelt“-schutz als nichts mehr denn Selbstschutz, den Versuch, die
Vergänglichkeit der Art „Mensch“ hinauszuzögern – und vielleicht gewinnen wir
ein wenig Wohlwollen dieser Kraft namens Natur zurück und lernen die darin
liegende Schönheit zu erkennen.
copyright Fotos: D. Rapp
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